Kohleförderung in Wilhelmshaven
Patentiertes Reinigungssystem: Höhere Abstreifleistung reduziert die Staubemissionen im Hafen
Rund 24.000 Tonnen Kohle werden im Hafen der Nordseestadt Wilhelmshaven während eines Löschprozesses täglich über eine Strecke von 3,6 Kilometern transportiert, um das dortige Kraftwerk zu versorgen. Derzeit wird für die Versorgung weiterer Kraftwerke durch die Rhenus Midgard GmbH & Co. KG die Umschlagsmenge auf bis zu 8 Millionen Tonnen pro Jahr erhöht. In diesem Zusammenhang war auch über den Einsatz neuer Gurtabstreifer zu entscheiden. Denn die im Laufe der Jahre eingesetzten unterschiedlichen Abstreifsysteme erbrachten nicht die gewünschten Reinigungsergebnisse und verursachten damit Folgekosten für eine zusätzliche Säuberung sowie für Wartung und Reparatur. Da eine schlechte Reinigung jedoch eine erhöhte Staubemission nach sich zieht, wäre es kaum realisierbar gewesen, die neuen PM-10-Standards zu erfüllen. Diese Richtlinie definiert Grenzwerte bezüglich des eingeatmeten Staubs. Aus diesen Gründen entschied man sich für ein neues Abstreifsystem der Schulte Strathaus GmbH & Co. KG. Dieses hatte in einem aufwändigen Testverfahren die höchste Abstreifleistung erzielt.
Das Projekt in Wilhelmshaven war mit einigen Herausforderungen verbunden: Hinsichtlich der diffusen Emissionen durch Anhaftungen an den Förderbandgurten hat die Abstreiftechnik bei der Genehmigungsbehörde inzwischen einen größeren Stellenwert erhalten, als dies noch beim Genehmigungsprozess für die alte Anlage der Fall war. Denn zusätzlich zu den bisherigen Vorschriften sind seit 2002 auch die PM-10-Emissionen zu beachten. Darüber hinaus mussten bei der Wahl der neuen Abstreifer auch extreme Anforderungen in Betracht gezogen werden, wie sie etwa bei der Entlöschung von gefrorener Kohle aus Sibirien entstehen können, wenn in Folge von Förderunterbrechungen Material am Gurt anfriert. In diesem Fall müssen die Abstreifer in der Lage sein, ohne Beschädigung das anhaftende Material zu lösen.
Mehr als ein Jahr lang hatte Rhenus-Betriebsingenieur Kurt Kühn deshalb in aufwändigen Testverfahren verschiedene Abstreifsysteme in der Altanlage untersucht. Dabei wurde bei einer Fördermenge von mehr als 1,6 Millionen Tonnen Steinkohle das Abriebverhalten geprüft. Das Ergebnis: Die besten Werte erzielte das Starclean-System von Schulte Strathaus. Gegenüber dem vorher eingesetzten Abstreifsystem konnten die Restanhaftungen am Gurt gravierend vermindert werden. Insbesondere unter Berücksichtigung des einfachen technischen Systems der Abstreifer, der leichten Einstellung, Wartung und Instandsetzung wurden diese Abstreifer schließlich nicht nur für die Anlage gewählt, sondern auch in der neuen Anlage eingesetzt.
Optimale Reinigung dank überlappender Abstreifsegmente und patentierter Twist-Swing-Funktion
Die von Schulte Strathaus entwickelten segmentierten Abstreifer kommen sowohl als Primär- als auch als Sekundärabstreifer zum Einsatz. Als Abstreifsegmente dienen in den Segmentkern gesteckte Polyurethanfüße mit drehbar gelagerten Spezialspachteln aus Edelstahl mit Hartmetalleinsatz. Die einzelnen Segmente sind überlappend angebracht, sodass dazwischen kein Fördermaterial hindurchrutschen kann. Auf diese Weise wird eine optimale Gurtreinigung erzielt.
Die spezielle Form und Geometrie der Polyurethanfüße ermöglicht eine hohe Flexibilität. Diese ist Voraussetzung für die patentierte Twist-Swing-Funktion. „Im Gegensatz zu aufwändigen Bauteilen mit mechanischen Drehgelenken passen sich die einzelnen Segmente unter einem frei einstellbaren Anpressdruck optimal an den Fördergurt an“, erklärt Andre Hanke, Vertriebsleiter für Fördertechnik bei Schulte Strathaus. So schwingen die einzelnen Segmente mit dem Bandlauf mit. Dadurch wird zum einen ein möglichst hohes Reinigungsergebnis erzielt, zum anderen wird der Segmentverschleiß reduziert und der Gurt geschont. „Die üblicherweise verwendeten Leisten oder unflexiblen Segmentabstreifer können die Unebenheiten des Gurtes nicht abfangen und lassen deshalb immer eine gewisse Menge an Fördermaterial durch“, so Hanke weiter.
Schneller Richtungswechsel und mehr Flexibilität
Für reversierbare Bänder der neuen Anlagen werden beim Wilhelmshavener Projekt zusätzlich Reversierbandabstreifer eingesetzt, die automatisch abklappen, wenn sich die Richtung des Bandlaufs ändert. An ihre Stelle rücken dann unmittelbar Hilfsspachtel, die für die jeweils andere Richtung vorgesehen sind. Auf diese Weise ist ein schneller Richtungswechsel möglich, ohne dass der Kontakt zwischen Fördergurt und Abstreifer verloren geht. Das An- und Abschwenken erfolgt automatisch durch die Reibung zwischen Gurt und Abstreifsegmenten, also ohne pneumatische, hydraulische oder elektrische Unterstützung.
Die Einbauposition dieser Abstreifer kann beliebig gewählt werden, von der Anbringung direkt unter der Trommel bis zu einem Punkt auf der Strecke der gesamten Bandanlage. Darüber hinaus sind die einfache Wartung und der werkzeuglose Wechsel der Segmente ein Vorteil für den anspruchsvollen Dauereinsatz. Bei diesen Abstreifern werden alle Segmente durch die Einstellung der Spindeln auf ein vorgegebenes Maß an den Gurt angepasst.
Einfache Wartung sorgt für niedrige Folgekosten
„Bei Bedaurf können wir jederzeit die Konstruktionsteile des Abstreifers selbstständig wechseln. Das erspart einerseits Zeit und kann andererseits kurzfristig in die Intervalle gelegt werden, in denen die Anlage vor der Ankunft eines Schiffes vorrübergehend still steht“, sagt Rhenus-Projektleiter Udo Düser.
„Da durch den modularen Aufbau einzelne Teile ausgetauscht werden können, sind deutliche Einsparungen bei der Wartung möglich.“
Gleichzeitig ist durch die Material schonende Konstruktion die Lebensdauer der Segmente sehr lang: Düser zufolge mussten die Module nach zwei Jahren im Einsatz noch nie gewechselt werden.
Umweltschutz durch geringere Staubemission und Ressourcenschonung
Dank der Segment-Konstruktion und dem Twist-Swing-Prinzip kann eine optimale Feinstreinigung während der Förderung erreicht werden. Dies reduziert die Staubemission, was im Hafengebiet durch die Nähe zum Meer – an manchen Stellen beträgt die Distanz nur wenige Meter – von entscheidender Bedeutung für den Schutz des Gewässers ist.
Darüber hinaus lassen sich durch die kontinuierlich hohe Abstreifleistung wertvolle Materialressourcen schonen. „Die vom Band abgestreifte Kohle bleibt selbstverständlich im Förderprozess“, sagt Hanke.